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Belastbarkeit von 4mm-WellenDie gängigen Metallbaukästen verwenden meist Stahlwellen mit einem Durchmesser von 4 mm, welche beim Bau schwerer Modelle oft als Schwachpunkt betrachtet werden. In manchen Fällen trifft das natürlich zu, aber häufig sind es auch die dazugehörigen Lagerungen der Wellen, die zu labil sind und dadurch die Funktion eines Modells beeinträchtigen. Beim Antrieb schwerer Fahrzeuge stoßen zudem Bauteile wie Lochscheiben und Zahnräder an ihre Grenzen, weil sie nicht für die Übertragung der hohen Drehmomente geeignet sind. Durchrutschende Stellschrauben können evtl. durch Abflachen der Wellen fixiert werden, das Lösen von eingepressten Naben bedeutet jedoch meist eine Zerstörung des betroffenen Bauteils. Die Belastbarkeit der Wellen wird nachfolgend untersucht und anhand praktischer Beispiele erläutert. Die Festigkeitsberechnung mechanischer Bauteile ist ein sehr komplexes Thema, welches hier nicht im Detail angewendet werden kann. Exakte Prognosen für die Lebensdauer sind ohnehin nicht möglich, da hierzu genaue Vorhersagen der tatsächlichen Betriebsbedingungen erforderlich wären. Statische Belastungen sind meist gut spezifizierbar, dynamische Vorgänge lassen sich dagegen bestenfalls grob abschätzen. Aber gerade die Anzahl und Höhe der Schwingspiele bestimmen die Lebensdauer, und wenn nur wenige Schwingspiele bzw. eine kurze Betriebsdauer ausreichend sind, dann dürfen die Bauteile entsprechend höher belastet werden (Zeitfestigkeit). Dynamisch belastete Bauteile werden überwiegend auf Dauerfestigkeit ausgelegt. Berechnungsgrundlagen für diese Untersuchung sind deshalb ebenfalls die gängigen Materialkennwerte und (vereinfachte) Berechnungsmethoden für die Dauerfestigkeit von Achsen bzw. Wellen mit rundem Querschnitt aus Stahl S 235 (früher St 37). Es werden weder die Oberflächenbeschaffenheit (Korrosion, Kerbwirkung usw.) noch in der Technik übliche Sicherheitsfaktoren berücksichtigt. Die rot dargestellten Werte liegen hierbei jenseits der rechnerischen Belastungsgrenzen für die Dauerfestigkeit; ein Betrieb in diesem Bereich kann bleibende Deformierung der Wellen bzw. bei dynamischer Belastung vorzeitige Verschleißausfälle verursachen (Zeitfestigkeitsbereich). 1. Fall: Statische Biegebelastung bei einseitiger Lagerung Anwendung: Achsschenkel von Fahrzeug-Standmodellen Eine Welle, die kein Drehmoment überträgt, wird als Achse bezeichnet. Für ein Fahrzeug-Standmodell, bei dem die Räder lediglich auf festen Achsschenkeln frei drehen, kann eine statische Biegebelastung der Achsen angenommen werden.
Als max. zulässige Biegespannung wird σb zul = k2 · Rp 0,2 = 330 N/mm2 angenommen (siehe Berechnungsgrundlagen); die rot dargestellten Werte kennzeichnen hierbei Biegespannungen oberhalb von 330 N/mm2. Beispiel: Angenommen sei ein Fahrzeug-Standmodell mit einer gleichmäßig verteilten Masse, die von 4 Rädern getragen wird. Wird ferner angenommen, dass jeder Achsschenkel in 20 mm mittlerem Abstand von seiner Befestigung belastet wird, dann darf er eine Gewichtskraft von ca. 100 N (entsprechend einer Masse von ca. 10 kg) tragen; die Masse des Modells darf somit einen Wert von ca. 40 kg (!) haben. Die Verteilung auf weitere Räder ermöglicht noch größere Massen, wobei die Realisierung einer ausreichenden Steifigkeit der gesamten Konstruktion jedoch vermutlich einen verhältnismäßig hohen Aufwand erfordern wird. 2. Fall: Statische Biegebelastung bei zweiseitiger loser Lagerung Dieser Fall wird nur zur Vollständigkeit angegeben.
Auch hier wird als max. zulässige Biegespannung σb zul = k2 · Rp 0,2 = 330 N/mm2 angenommen (siehe Berechnungsgrundlagen), deren Überschreitung die rot dargestellten Werte kennzeichnen. 3. Fall: Dynamische (schwellende) Biegebelastung bei einseitiger Lagerung Anwendung: Achsschenkel für nicht-angetriebene Räder ferngesteuerter Fahrzeuge Durch das Fahren auf unebenem Boden addiert sich zur statischen Belastung eine dynamische Komponente in Form von Stößen usw., die aber (weitgehend) in dieselbe Richtung wirkt, wie die statische Belastung; dieser Fall wird auch schwellende Biegebelastung genannt. Die Biegung der Achsen entspricht selbstverständlich der Tab. 1, aber durch die zermürbende Wirkung der dynamischen Anteile ist die max. zulässige Belastung niedriger.
Als max. zulässige Biegespannung wird in diesem Fall die Schwellspannung σb zul = σsch = 255 N/mm2 angenommen. Dieser Wert beschreibt die Summe der statischen und dynamischen Anteile, woraus eine mittlere (statische) Biegespannung von nur noch 127,5 N/mm2 resultiert (siehe Berechnungsgrundlagen). Es wird also vorausgesetzt, dass maximal das Zweifache der statischen Belastung auftritt. Beispiel: Unter der Annahme, dass bei einem ferngesteuerten Fahrzeug jeder Achsschenkel für ein nicht angetriebenes Rad wieder in 20 mm mittlerem Abstand von seiner Befestigung belastet wird, dann darf er nur noch eine (statische) Gewichtskraft von ca. 40 N (entsprechend ca. 4 kg Masse) tragen. Diese Angabe unterliegt einer sehr großen Ungenauigkeit, da die exakte dynamische Belastung nicht quantifizierbar ist. Da Metallbaukasten-Modelle aber in der Regel auf ebenem Boden betrieben und evtl. Stöße durch die Elastizität des Chassis bedämpft werden, scheint obige Voraussetzung einigermaßen realistisch, besonders wenn die Achsen auch noch gefedert sind. 4. Fall: Statische Torsion (Verdrehung) Dieser Fall ist nur ein Rechenbeispiel.
Die max. zulässige Torsionsspannung für diesen Belastungsfall beträgt τt zul = k2 · Rp 0,2 = 135 N/mm2; eine 4mm-Welle kann demnach ein Drehmoment von ca. 1,7 Nm übertragen (siehe Berechnungsgrundlagen). Beispiel: Angenommen sei ein ferngesteuertes Fahrzeug mit einer Masse von 40 kg, welches auf ebenem Boden über 2 angetriebene Räder mit einem Durchmesser von 150 mm (Radius r = 75 mm) innerhalb von 1 s aus dem Stillstand auf eine Geschwindigkeit von 1 m/s (3,6 km/h) beschleunigt werden soll. Jede Antriebswelle wird in diesem Fall mit einem Drehmoment von ca. 1,5 Nm belastet (ohne Berücksichtigung des Rollwiderstandes und der Massenträgheit der Antriebskomponenten); auch hier scheint die Antriebswelle den anderen Antriebskomponenten zumindest nicht unterlegen zu sein. 5. Fall: Dynamische Biegung + dynamische Torsion Anwendung: Antriebswellen ferngesteuerter Fahrzeuge Dieser Fall gehört zu den häufigsten Belastungen in der Technik. Die infolge der Gewichtskraft (und auch durch Stöße) gebogene Welle erhält durch die Drehung eine wechselnde Biegebelastung; gleichzeitig wirkt das Torsionsmoment für den Antrieb, welches als schwellende Torsionsbelastung (also hauptsächlich in einer Fahrtrichtung) angenommen werden kann. Nach der Gestaltungsenergiehypothese (GEH) für duktile (zähe) Werkstoffe kann der Anteil der Torsionsspannung τt mit dem Anstrengungsverhältnis α0 umgerechnet und daraus durch Überlagerung mit der vorhandenen Biegespannung σb eine Vergleichsspannung σv bestimmt werden. Anschließend erfolgt ein Vergleich mit der max. zulässigen Spannung σb zul, die sich aus dem Grenzwert der dominierenden Belastungsart ergibt. Beispiel: Angenommen sei ein 4-rädriges ferngesteuertes Fahrzeug mit einer gleichmäßig verteilten Masse von 10 kg, welches über 2 angetriebene Hinterräder mit dem Radius r = 50 mm auf ebenem Boden innerhalb von 1 s aus dem Stillstand auf eine Geschwindigkeit von 1 m/s (3,6 km/h) beschleunigt werden soll (ohne Berücksichtigung des Rollwiderstandes und der Massenträgheit der Antriebskomponenten). Ferner soll bei allen Achsen und Wellen die Kraft in mittlerem Abstand l = 20 mm von den Befestigungen bzw. Lagerungen wirken. Prognose für die Achsschenkel der Vorderräder: Hierfür kann eine statische bzw. mittlere Biegespannung von σb = 80 N/mm2 errechnet werden; dieser Wert liegt deutlich unterhalb der zulässigen Biegespannung von 127,5 N/mm2 (siehe 3. Fall). Prognose für die Wellen der Hinterrräder: Zur statischen bzw. mittleren Biegespannung von σb = 80 N/mm2 addiert sich auf jeder Antriebswelle eine mittlere Torsionsspannung von τt = 10 N/mm2 (die Antriebswellen werden nicht permanent mit dem max. Drehmoment belastet). Nach der GEH werden beide Anteile addiert zu einer Vergleichs-Biegespannung Da in diesem Beispiel die Biegespannung dominiert, wird als Grenzwert die Hälfte der zulässigen Spannung für wechselnde Biegung festgelegt: σzul = 85 N/mm2. Die errechnete Vergleichsspannung liegt etwas unter dem angenommenen Grenzwert und ist somit zulässig. Auch die Ergebnisse dieses Beispiels unterliegen einer sehr großen Ungenauigkeit, da sowohl die Biegung als auch die Torsion dynamisch sind und keine exakten Vorhersagen zulassen. Die Vorgaben zur Beschleunigung des Modells sind hier nur rechnerische Größen, und in der Praxis kann je nach Leistung des Antriebes durchaus eine Überlastung der Antriebswellen auftreten; auch der Antrieb muss also hinsichtlich des maximal möglichen Drehmoments untersucht werden (siehe Prognose für den 1½-Deck-Bus). Beispiel: Prognose für die Achsen und Wellen des 1½-Deck-Bus mit detailliertem Rechenweg Das Beispiel "1½-Deck-Bus" zeigt deutlich, dass beim Antrieb schwerer Modelle die 4mm-Wellen in der Tat recht schnell an ihre rechnerischen Grenzen stoßen. Natürlich kann das von einem Motor gelieferte Drehmoment im Falle einer Überlastung der Wellen durch Reduzierung der Versorgungsspannung oder durch einen Reihenwiderstand in der Motor-Zuleitung verringert werden. Ein schweres Modell braucht aber einen angemessenen (sprich: kräftigen) Antrieb, um zufriedenstellend funktionieren zu können, und unter diesem Aspekt ist die Verwendung dickerer Antriebswellen vermutlich die bessere Alternative. Man kann eine Überlastung auch ignorieren und einen evtl. Ermüdungsbruch riskieren, welcher bei der relativ kurzen Nutzungsdauer eines Metallbaukasten-Fahrzeugs vermutlich nie auftreten wird. Aber selbst dann, wenn die Achsen und Wellen korrekt dimensioniert sind, ist ein Verschleiß infolge der unzureichenden Lagerungen zu erwarten: Antriebswellen werden meist in Flachbändern oder Winkelträgern gelagert, wodurch sich bei schweren Modellen mit zunehmender Betriebsdauer Nuten in die Wellen schleifen. Mehrere parallel geschraubte Flachbänder erhöhen in diesem Fall die Lagerfläche und vermindern den Verschleiß; auch der Einsatz von Wellen größeren Durchmessers wirkt sich diesbezüglich positiv aus. Letztendlich verzögern diese Maßnahmen den Verschleiß aber nur; verhindern können sie ihn nicht. Die eleganteste Lösung wäre der Einsatz von Miniatur-Kugellagern oder zumindest die Verwendung von Gleitlagern. |