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Kenngrößen von Gleichstrommotoren


Für den Antrieb von Metallbaukasten-Modellen werden meist preiswerte Gleichstrommotoren verwendet, deren elektrische und mechanische Kenngrößen mehr oder weniger unbekannt sind.
Während Angaben zur Leerlauf-Drehzahl und -Stromaufnahme oft vorliegen, findet man entsprechende Werte bei Belastung schon nicht mehr so häufig, und brauchbare Angaben über Leistung, Drehmoment und Wirkungsgrad sind in der Regel die Ausnahme.
Aber gerade die Kenntnis des Drehmoments bei unterschiedlichen Lastbedingungen kann sinnvoll sein, um die Eignung eines Motors als Antrieb für ein bestimmtes Modell beurteilen zu können.


Zur Charakterisierung eines Motors werden nur wenige Daten benötigt, aus denen sich praktisch alle anderen Kenngrößen errechnen lassen. Grundlage dafür ist die Leistungsbilanz eines Motors:


U · I = I2 · R + c · I · 2 · π · n

und daraus folgend

U = I · R + c · 2 · π · n
U = Versorgungsspannung in V (Volt)
I  = Stromaufnahme in A (Ampere)
R = ohmscher Widerstand der Ankerwicklung in Ohm
c  = Maschinenkonstante in Vs
n  = Drehzahl pro Sekunde in 1/s

Das Produkt U · I ist die aufgenommene Leistung, welche mit einem einfachen Multimeter gemessen werden kann.
I2 · R beschreibt die elektrische Verlustleistung der Ankerwicklung; außer zum Heizen kann sie nicht weiter genutzt werden.
c · I · 2 · π · n ist die mechanische Leistung, die aus mechanischer Verlustleistung (Reibung, Luftwiderstand usw.) und der (entnehmbaren) mechanischen Nutzleistung besteht.

Die Drehzahl n muss für die weiteren Berechnungen bekannt sein und erforderlichenfalls gemessen werden. Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten, die an dieser Stelle aber nicht weiter beschrieben werden sollen. Erwähnt seien handelsübliche Drehzahl-Messgeräte und einfache magnetische bzw. optische Verfahren unter Verwendung eines Oszilloskops; auch durch Auswertung des Tonfrequenzspektrums eines Motors mit einem PC und einem Fourieranalyse-Programm kann die Drehzahl ermittelt werden.

Zur Ermittlung der noch unbekannten Größen R und c müssen die Stromaufnahme I und die dazugehörige Drehzahl n bei zwei unterschiedlichen Lastzuständen vorliegen bzw. gemessen werden, z. B. bei Leerlauf und bei Nennlast.
Das Einsetzen dieser 2 Wertepaare in die Leistungsbilanz führt auf 2 Gleichungen mit 2 Unbekannten, die nach den bekannten mathematischen Regeln nach R und c aufzulösen sind.

Beispiel: Ein Motor habe folgende bekannte Daten


Leerlauf: Nennspannung U = 6 V, Leerlaufdrehzahl n = 93 1/s (5600 1/min), Stromaufnahme I = 0,5 A
Nennlast: Nennspannung U = 6 V, Nennlastdrehzahl n = 75 1/s (4500 1/min), Stromaufnahme I = 1,7 A


Das dazugehörige Gleichungssystem lautet:

6V · 0,5A = (0,5A)2 · R + c · 0,5A · 2 · π · 93 1/s
6V · 1,7A = (1,7A)2 · R + c · 1,7A · 2 · π · 75 1/s


bzw. nach Dividieren durch den Strom

6V = 0,5A · R + c · 2 · π · 93 1/s
6V = 1,7A · R + c · 2 · π · 75 1/s


Die daraus errechneten Werte für R und c

R = 0,9078 Ohm     c = 9,457 · 10-3 Vs

komplettieren schließlich die Leistungsbilanz:

U · I = I2 · 0,9078 Ohm + 9,457 · 10-3 Vs · I · 2 · π · n



Der nächste Schritt ist die Berechnung der mechanischen Nutzleistung.
Man erhält sie, indem von der gesamten mechanischen Leistung die mechanische Verlustleistung subtrahiert wird:

Pmech Nutz = Pmech Gesamt - Pmech Verlust

Pmech Nutz = (c · I · 2 · π · n) - (c · ILeerlauf · 2 · π · n) = c · 2 · π · n · (I - ILeerlauf)

Diese Gleichung berücksichtigt die Drehzahlabhängigkeit der mechanischen Verlustleistung:
Im Leerlauf ist sie am höchsten, und bei blockierter Motorwelle wird sie zu Null, da sich der Anker nicht mehr bewegt; angenommen wird hier ein linearer Abfall zwischen Leerlauf und blockierter Motorwelle.

Für die hier angenommene Nennlast errechnet sich die nutzbare mechanische Leistung zu:

Pmech Nutz = 9,457 · 10-3 Vs · 2 · π · 75 1/s · (1,7 A - 0,5 A)

Pmech Nutz = 5,348 W



Das Drehmoment ergibt sich aus dem Zusammenhang:


M = P / ω = P / 2 · π · n = c · I
M = Drehmoment in Nm bzw. Ws
P  = Leistung in W
n  = Drehzahl pro Sekunde in 1/s
ω = Kreisfrequenz 2 · π · n in 1/s

Auch hier muss das Verlustmoment vom Gesamt-Drehmoment subtrahiert werden, um das nutzbare Drehmoment zu erhalten:

MNutz = MGesamt - MVerlust

MNutz = 9,458 · 10-3 Vs · (1,7 A - 0,5 A)

MNutz = 1,135 Ncm

Von praktischer Bedeutung ist noch das max. Drehmoment bei blockierter Motorwelle.
Es ergibt sich ebenfalls aus M = c · (I - ILeerlauf), wobei als Strom der max. Wert I = U / R = 6 V / 0,9078 Ohm = 6,609 A eingesetzt wird:

Mmax = 5,78 Ncm



Desweiteren kann aus den vorliegenden Daten noch der Wirkungsgrad bestimmt werden.
Es ist der Quotient aus nutzbarer mechanischer Leistung und zugeführter elektrischer Leistung:

η = Pmech Nutz / Pelektr zu = 5,348 W / 10,2 W

η = 52,4%



Die bisher ermittelten Kenngrößen beschreiben das Verhalten des Motors in einem Arbeitspunkt, und zwar bei der hier angenommenen Nennlast.
Manchmal ist aber auch das Verhalten über den gesamten Arbeitsbereich von Interesse und soll abschließend untersucht werden. Vor allem soll aber geklärt werden, ob die in diesem Beispiel angenommene Nennlast auch tatsächlich dem Betrieb bei höchstem Wirkungsgrad entspricht.


Zusammenhang zwischen Drehzahl und Stromaufnahme


Diese Funktion ergibt sich durch Auflösen der Leistungsbilanz nach der Drehzahl n:

n = (U - I · R) / (c · 2 · π)
Drehzahl, Strom
n = f (I)


Zusammenhang zwischen Leistung, Drehmoment und Stromaufnahme

Der Leistungsverlauf ergibt sich durch Einsetzen obiger Gleichung für die Drehzahl in die Gleichung für die mechanische Nutzleistung

Pmech Nutz = (U - R · I) · (I - ILeerlauf)

Der Drehmoment-Verlauf ergibt sich aus

MNutz = c · (I - ILeerlauf)
Leistung Drehmoment Strom
Pmech Nutz = f (I), MNutz = f (I)

Demnach liefert der Motor seine max. mechanische Leistung nicht bei angenommener Nennlast I = 1,7 A, sondern etwa bei I = 3,55 A; die mechanische Leistung erreicht bei diesem Strom einen Wert von ca. 8,5 W.


Zusammenhang zwischen Wirkungsgrad und Stromaufnahme


Der Verlauf des Wirkungsgrades ergibt sich aus dem Quotienten der mechanischen Nutzleistung zur elektrischen Leistungsaufnahme:

η = (U - R · I) · (I - ILeerlauf) / (U · I)
Wirkungsgrad Strom
η = f (I)


Wie die Funktion der Leistung, so hat auch der Verlauf des Wirkungsgrades bei einem bestimmten Strom ein Maximum; diese beiden Ströme sind aber nicht identisch.

Um das Maximum einer Kurve zu ermitteln, werden üblicherweise die Methoden der Differentialrechnung angewendet.
Differenzieren der Kurve (Bildung der ersten Ableitung) führt zunächst auf den Verlauf der Steigung dieser Kurve in Form einer neuen Funktion. Da die Steigung in einem Maximum Null ist, wird diese Funktion ebenfalls mit Null gleichgesetzt, und man erhält dadurch den zum Maximum gehörenden Wert auf der x-Achse (in diesem Fall den Strom I).
Bezüglich des genauen Rechenwegs sei an dieser Stelle auf die Fachliteratur hingewiesen.

Nach Durchführung o. g. Berechnung folgt als Strom bei max. Wirkungsgrad:

I η max = √ (U · ILeerlauf / R)

I η max = 1,818 A

Die angenommene Nennlast I = 1,7 A entspricht demnach also nicht exakt dem Betrieb bei max. Wirkungsgrad.
Die anderen zum max. Wirkungungsgrad gehörenden Kenngrößen errechnen sich zu

n η max = 73,2 1/s = 4392 1/min

P mech Nutz η max = 5,733 W

M Nutz η max = 1,247Ncm

η max = 52,56%

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