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Bevor das Musiksignal zu den Filtern gelangt, durchläuft es einen Nachverstärker, der ggfs. auch eine
Höhenanhebung durchführt.
Obwohl dieser Verstärker ein recht einfaches Schaltungsdetail darstellt, bedarf die Festlegung der
erforderlichen Spannungsverstärkung sowie der Höhenanhebung einiger Überlegungen.
Am Ausgang der Aussteuerungsautomatik liegt per Definition nominal eine Spannung von 100mVeff (Sinus)
bzw. ein Musiksignal bis max. 280mVSS, zur vollen Aussteuerung der Steuerstufen ist jedoch nominal eine
Spannung von 1Veff (Sinus) bzw. ein Musiksignal bis max. 2,8VSS erforderlich.
Da die Filterschaltungen selbst keine Spannungsverstärkung haben, muss sie durch einen der
Aussteuerungsautomatik nachgeschalteten Verstärker erfolgen, dessen Verstärkung bei oberflächlicher
Betrachtung rechnerisch vu = 1Veff / 100mVeff = 10 betragen müsste.
Das kann man so machen, in der Praxis wird man allerdings feststellen, dass eine Spannungsverstärkung von
vu = 10 nicht ausreicht.
Wie bereits erwähnt besteht der Effektivwert eines Musiksignals aus der quadratischen Addition aller vorhandenen
Frequenzanteile im hörbaren Bereich (ca. 20Hz bis 20kHz).
Durch die Filterung wird das Musiksignal insgesamt 4 Frequenzbereichen zugeteilt mit der Folge, dass am Ausgang eines
jeden Filters nur ein Teil des ursprünglichen Effektivwertes und somit auch nur ein Teil des ursprünglichen
Spitze-Spitze-Wertes ankommt.
Die Spannung am Eingang der Filter muss also um einen bestimmten Faktor größer sein, als 1Veff
(Sinus) bzw. 2,8VSS, und das wär bei einem gleichmäßig verteilten Frequenzspektrum der
Faktor Wurzel aus Anzahl der Frequenzbereiche (Kanäle) = 2.
Auch wenn in einem Musiksignal nicht alle Frequenzen gleich stark vertreten sind bietet der zusätzliche Faktor
2 eine gute Annäherung an die Praxis.
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Nachverstärker
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Der Nachverstärker hat deshalb eine Spannungsverstärkung von
vu = Uaus / Uein = (R19-1 + R20-1) / R20-1 = 20 bzw. 26dB
und verstärkt das Signal von 100mVeff (Sinus) auf 2Veff (Sinus) bzw. von 280mVSS
auf 5,6VSS.
Gleichermaßen kann der Nachverstärker mit einer Höhenanhebung ausgestattet werden, welche sich auf sog.
Amplitudenstatistiken begründet.
Diese besagen - oder besagten zumindest früher - , dass tiefere und insbesondere auch höhere Frequenzanteile in
Unterhaltungsmusik statistisch betrachtet weniger stark vertreten sind. Wenn man den Anspruch hat, die
Empfindlichkeitseinsteller der Lichtorgel annähernd gleich einstellen zu wollen, dann kann man die höheren
Frequenzen etwas anheben.
Beispiel einer Amplitudenstatistik
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Nebenstehende Amplitudenstatistik aus den 1970er Jahren zeigt 5 Kurven mit unterschiedlicher Frequenzverteilung und deren
Häufung, wie sie in Unterhaltungsmusik beobachtet wurden.
Die oberste Kurve zeigt den geringsten Abfall tiefer und hoher Frequenzen - hier finden sich also die meisten Tiefen und
Höhen und eine solche Verteilung ist demnach seinerzeit nur mit einer Häufung von 0,01% aufgetreten.
Da heutige Unterhaltungsmusik allgemein mehr tiefe und hohe Frequenzen enthält darf man annehmen, dass die oberste
Kurve am besten zutreffen könnte. Für die nachfolgenden Betrachtungen soll deshalb die oberste Frequenzverteilung
bzw. deren Abfall hoher Frequenzen herangezogen werden.
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Um das Problem einigermaßen analytisch angehen zu können wurde die Kurve ab einer Frequenz von etwa 350Hz
punktuell erfasst und auf den maximalen Wert bei 350Hz normiert (0dB bei 350Hz).
Anschließend wurden diese Werte in einem EXCEL-Diagramm abgebildet und nach optischen Gesichtspunkten eine weitere
Kurve konstruiert, welche den mittleren Abfall der hohen Frequenzen annähern soll - in nebenstehendem Diagramm
rot gestrichelt dargestellt.
Die Aufgabe besteht darin, den mittleren Abfall mit einer Höhenanhebung zweckmäßig zu kompensieren.
Dies kann entweder in mühevoller Kleinarbeit mit Frequenzgenerator und Oszilloskop empirisch erfolgen, oder aber
mit einem EXCEL-Programm.
Entscheidet man sich für die 2. Möglichkeit, dann ist zunächst die Übertragungsfunktion des
Nachverstärkers zu berechnen und dazu ist ein Blick in die Theorie erforderlich.
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Höhenabfall der 0,01%-Kurve
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Die sog. Übertragungsfunktion A beschreibt allgemein das Verhältnis der Ausgangsspannung zur Eingangsspannung
und kann z. B. die Verstärkung eines Systems sein:
A = Uaus / Uein .
Das Ziel ist es, die Übertragungsfunktion in Abhängigkeit der zu verwendeten Bauteile - in diesem Fall also
Widerstände und Kondensatoren - darzustellen und dazu wird die Schaltung etwas genauer betrachtet. Der Einfachheit halber
sollen hierbei anstatt R19-1, R20-1, R21-1 und C11-1 die Bezeichnungen R1, R2, R3 und C verwendet werden.
Der Einsatz von Operationsverstärkern (OP) bietet u. a. den Vorteil, dass die Differenzspannung zwischen seinen
Eingängen sowie deren Eingangsströme vernachlässigbar klein sind. Dadurch ist es möglich, die Eigenschaft
einer OP-Schaltung allein durch seine äußere Beschaltung zu beschreiben.
Der Nachverstärker mit den interessierenden Bauteilen
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Lässt man Widerstand R3 und Kondensator C zunächst weg und setzt die Differenzspannung Udiff sowie
die Eingangsströme Iein+ und Iein- = 0, dann erkennt man, dass die Eingangsspanung Uein
gleichermaßen an beiden Eingängen des OPs und somit auch am Widerstand R2 liegt.
Die Ausgangsspannung Uaus liegt dagegen an der Reihenschaltung von R1 + R2.
Das Verhältnis von Ausgangsspannung zur Eingangsspannung lässt sich somit als Widerstandsverhältnis
darstellen und die Übertragungsfunktion lautet
A = Uaus / Uein = (R1 + R2) / R2.
Das entspricht der Gleichspannungsverstärkung vu, die mit den angegebenen Werten etwa 20 beträgt
(siehe auch ganz oben).
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Nimmt man Widerstand R3 und Kondensator C dazu, dann wird die Situation im wahrsten Sinne des Wortes deutlich
"komplexer". Der Grund dafür ist, dass an einem Kondensator zwischen Strom und Spannung eine
Phasenverschiebung von (theoretisch) 90° auftritt, die sich zum Teil auch in der Ausgangsspannung bemerkbar macht.
Die Übertragungsfunktion enthält also nicht nur einen sog. Betrag in Form einer Verstärkung, sondern
gleichermaßen auch einen sog. Phasenwinkel in Form einer Phasenverschiebung zwischen Ausgangs- und
Eingangsspannung.
Auch wenn der Phasenwinkel im vorliegenden Fall nicht weiter interessiert, so gestaltet sich die Berechnung der jetzt
frequenzabhängigen Verstärkung als relativ umfangreich und soll deshalb als
Nebenrechnung auf einem separaten Blatt
erfolgen.
An dieser Stelle wird mit dem Betrag der Übertragungsfunktion - also der frequenzabhängigen Verstärkung -
weitergemacht und diese lautet
vu = √((R1+R2)2 + ω2C2(R1R2 + R1R3 + R2R3)2) /
(R22 + ω2C2R22R32)
mit der sog. Kreisfrequenz ω = 2 · π · f (f = Frequenz in Hertz (Hz)).
Eine Gegenprobe mit den Frequenzen f = 0 sowie f = ∞ sei dem interessierten Leser selbst
überlassen.
Die Berechnung der Verstärkung in Abhängigkeit von R3 und C kann mit einem EXCEL-Programm erfolgen und mit dem
oben festgelegten mittleren Abfall der hohen Frequenzanteile verglichen werden. Die Widerstände R1 und R2 sind zwar
auch variabel, um die Gleichspannungverstärkung von vu = 20 beizubehalten sollen sie an dieser Stelle
aber konstant bleiben - hier soll es ausschließlich um geeignete Werte von R3 und C gehen.
Nebenstehendes Diagramm zeigt alle interessierenden Kurven in Abhängigkeit der Frequenz.
Die frequenzabhängige Verstärkung ist in schwarz dargestellt, in rot gestrichelt
der mittlere Abfall der hohen Frequenzen und in blau eine "Kompensationskurve".
Sie ist die vorzeichenrichtige Addition der dB-Werte der schwarzen und der
rot gestrichelten Kurve und soll visuell verdeutlichen, inwieweit der mittlere
Höhenabfall durch die Höhenanhebung kompensiert wird.
Mit geeigneten Werten von R3 und C kann in weiten Grenzen bestimmt werden, bis zu welcher Frequenz die Kompensationskurve
einigermaßen waagerecht verlaufen soll. Je höher diese Frequenz ist, desto weiter reicht die Höhenanhebung,
aber desto welliger wird auch die Kompensationskurve - das ist die Eigenart dieser einfachen Höhenanhebung.
In nebenstehendem Beispiel wird der Höhenabfall bis zu einer Frequenz von ca. 4kHz recht gut kompensiert.
Erst danach beginnt der Abfall, wobei die Frequenz 16kHz um 6dB (Faktor 2) angehoben wird.
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Mittelstarke Höhenanhebung +6dB bei 16kHz
R3 = 1,32kΩ (1,2kΩ + 120Ω)
C = 36,3 nF (33nF | | 3,3nF)
(gute Praxistauglichkeit)
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Geringe Höhenanhebung +3dB bei 16kHz
R3 = 3,3kΩ
C = 28,8nF (22nF | | 6,8nF)
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Weitere Beispiele möglicher Höhenanhebungen.
Im rechten Diagramm wird der Höhenabfall bei 16kHz vollständig kompensiert, was allerdings mit einer starken
Welligkeit der Kompensationskurve verbunden ist.
Zur Feinabstimmung der Höhenanhebung ist ggfs. eine Reihenschaltung von Widerständen und eine Parallelschaltung
von Kondensatoren erforderlich.
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Starke Höhenanhebung +10,5dB bei 16kHz
R3 = 470Ω
C = 34nF (33nF | | 1nF)
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Eine moderate Höhenanhebung hat sich in langjähriger Praxis zwar bewährt, ob sie bei heutiger moderner
Musik noch erforderlich ist, darf allerdings angezweifelt werden. Oftmals hat man den Eindruck, dass das Spektrum solcher
Musik alle Frequenzanteile in nahezu gleicher Stärke enthält, sodass sich eine Höhenanhebung erübrigt.
Man kann die Höhenanhebung deshalb natürlich auch weglassen oder nach eigenen Wünschen konfigurieren.
Um das selbst ausprobieren zu können werden abschließend noch eine einfache
Numbers-Datei für MAC sowie eine konvertierte
EXCEL-Datei
zum Download angeboten.
Die bis hierhin beschriebenen Schaltungen verwenden 3 der 4 Operationsverstärker im Schaltkreis TL084 - einer
ist also noch frei und unbenutzt. Damit seine hochohmigen Eingänge kein undefiniertes Potenzial annehmen, wurde er
gemäß obiger Abbildung entsprechend beschaltet.
Die Spannungsversorgung kann mit Hilfe zweier Jumper aufgetrennt werden, um z. B. die jeweiligen Ströme einfach
messen zu können.
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